Ein Plädoyer für das Wort

Das Wort in der Werbung gehört zu einer bedrohten Gattung. Lasst es uns retten!

Das goldene Zeitalter des Wortes in der Werbung ist seit vielen Jahren vorbei. In seiner Hochblüte bekamen die Worte ganzseitige Anzeigen in Tageszeitungen. Die Werbeikone David Ogilvy war ein Meister dieses Long-Copy-Formates. Seine Anzeigen bestanden aus einer packenden Headline und einem langen Produkt erklärenden Text. Es gab entweder überhaupt kein Bild oder der Bildanteil war minimal. Bis in die 70er-Jahre des vergangen Jahrhunderts arbeitete die Werbung mit dieser Form von Anzeigen. Ausschließlich die Headlines waren der Köder, um die KonsumentInnen in den Text zu ziehen.

Ab der 80er-jahre ging es mit der Anzahl der Worte steil bergab. Bilder und Fotos wurden immer wichtiger und reduzierten die Worte auf eine kurze „Copy“. Viele WerbetexterInnen fanden es schade, weil in Wahrheit nur mehr die Headlines gelesen wurden. Die wenigen Sätze im Textanteil interessierten niemanden mehr.

Aber für die Worte wurde es noch schlimmer. Es kam ein neuer Trend. Bei Award-Shows gewannen immer öfter Anzeigen, die nur noch eine Headline und ein starkes Bild hatten. Speziell lateinamerikanische Agenturen räumten dabei die Cannes-Löwen massenweise ab. Der Grund lag im hohen Analphabetismus der südamerikanischen Länder. Die Werber mussten mit Bildern die Werbebotschaften kommunizieren.

Für die TexterInnen und Art-DirektorInnen war das immer noch total okay, denn immerhin ging es auch bei diesen Anzeigen um die Idee, die aus Worten formuliert war.

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Mit der digitalen Revolution und den sozialen Medien änderte sich auch das. Die Statistik zog in die Werbung ein und bestimmt heute die Textlänge. Die höchste Wahrscheinlichkeit, dass Texte gelesen werden liegt angeblich bei dieser Textmenge:

40 Zeichen: Facebook-Post

100 Zeichen: Tweet

6 Worte: Blog-Titel

1600 Worte: Blog

Tja, jetzt müssen wir schön langsam zur Sache kommen, damit Sie von diesem Blog-Artikel nicht abspringen.

Die Logik, die heute viele Agenturen mit ihren Kunden verfolgen ist, dass nicht mit Inhalten sondern mit der Masse an Werbebotschaften KonsumentInnen erreicht werden: „Von hundert Facebook-Postings wird schon statistisch was hängen bleiben.“